Leseprobe
Sein Name, das Indes.
„Das Fühlen lerne, Indes das Wort schneidet sehr“
Dieser alte etwas unscheinbare Ausdruck steht für „währenddessen“ und beschreibt einen Zustand, der nur sehr kurz andauert.
Nämlich den Moment, in dem die Klingen sich berühren und währenddessen dem Tastsinn des Fechters ganz kurz Informationen liefert, was sein Gegenüber vorhat.
Kann er nun mit diesem Zustand und der Information des Indes umgehen, ist er schon fast am Ziel.
„Wenn Du an seinem Schwert bist, fühlst Du ob er schwach oder stark ist. Indes oder währenddessen kannst Du danach trachten und wissen, was Du gegen ihn tun sollst …
7
So kann er sich nicht abziehen vom Schwert ohne Schaden“
Auch dieser Fechter scheint zuerst einem Nach zu ähneln, doch reagiert er völlig anders, er sucht den Kontakt und lässt dann einfach nicht mehr ab.
Einer Ermahnung in einem älteren Manuskript über das Faustschildfechten recht ähnlich, in der die Aufforderung steht dem abziehenden Fechter nachzugehen und zu fechten.
Nur ist das Band hier eben noch viel enger, man geht aus der Berührung, dem Fühlen nicht mehr ab und setzt den Andern auf diese Weise so unter Druck, dass auch er nicht mehr zu guten
Tricks kommen kann, da er sich nun überall auch vor
Handgriffen-, Hebeln-, Fausthieben und Tritten nur noch mühsam schützen kann.
Denn sehen kann er sie in einer so engen Position nichtmehr, nur eben Indes „fühlen“.
Diese Taktik ähnelt der von Bruce Lee so genannten Interferring Fist oder den Sticky Hands sehr, denn hier stört man den Gegner bei seinen schon am Impuls selbst und bleibt einfach an ihm kleben, bis man seine Blöße findet und trifft.
Wie folgendes Zitat sehr schön zeigt:
„ …soll Zecken und Rühren nicht meiden… immer in Arbeit und Berührung bleiben (!)
Damit der Gegner nicht zum Schlagen kommen kann.“
Wie ähnlich diese Prinzipien sich sind fällt hier besonders ins Auge, nicht wahr?
Man unterbricht die gegnerische Energie schon, bevor sie sich richtig aufbauen und entfalten könnte.
Ein Indes will weniger überrennen, als der Sache auf den Grund gehen, den Impuls spüren und für sich nutzen, nicht warten bis er in die Defensive gedrängt wird. Vielmehr übernimmt er den Impuls seines Gegenübers und macht aus dessen Impuls einen eigenen!
Also man unterdrückt hier nicht wie der Vor- oder wartet wie der Nachfechter, sondern wandelt um, was man im Ansatz erkennen kann.
Man kämpft sich möglicherweise so aus dem Nachteil wieder in den Vorteil zurück oder gewinnt eben allein durchs Fühlen.
Also stellt das Indes eine Art Wendepunkt im Fechten dar, ein winziges Zeitfenster, in dem alles nochmal auf den Kopf gestellt werden kann.